Kirchturmspitze Münster St. Bonifatius | Bild: Heike Beckmann
Kirchturmspitze Münster St. Bonifatius | Bild: Heike Beckmann

Seit 01.01.2020 gilt neues Mitarbeitervertretungsrecht in den Landeskirchen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen

Nachricht 15. Januar 2020

Am 29.11.2019 beschloss die hannoversche Landessynode die zukünftige Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) im Rahmen eines MVG-EKD-Anwendungsgesetzes. In diesem Anwendungsgesetz werden landeskirchliche Besonderheiten des Mitarbeitervertretungsrechtes geregelt. Auch wird in einem eigenen MVG-Gerichtsgesetz die kirchengerichtliche Auseinandersetzung zu Fragen des Mitarbeitervertretungsrechtes in der ersten Instanz auf der Ebene der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen geregelt. Eingelegte Rechtsmittel gegen die Beschlüsse des Kirchengerichts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Konföderation werden dann vor dem Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland verhandelt.

Nach langjährigem Ringen und mehreren Anläufen ist es nun in der letzten Tagung der 25. Landessynode zur Übernahme des MVG-EKD gekommen. Gleichlautende Beschlüsse wurden im Herbst 2019 auch in den Landessynoden der drei anderen Landeskirchen der Konföderation (Braunschweig, Oldenburg, Schaumburg-Lippe) gefasst. In einem eigenen MVG-EKD-Anwendungsgesetz (MVG-EKD-AnwG) wurden landeskirchliche Besonderheiten des Mitarbeitervertretungsrechts im Rahmen der Öffnungsklauseln des MVG-EKD geregelt. So werden die Mitarbeitervertretungen in der hannoverschen Landeskirche im Regelfall weiterhin auf der Ebene der Kirchenkreise gebildet und die Möglichkeit zur Bildung von Sprengelarbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen, die sich bis zu zweimal im Jahr zur Förderung des Information- und Erfahrungsaustausches treffen können, bleibt erhalten. Besondere Regelungen wurden im MVG-EKD-AnwG insbesondere auch zur Einrichtung der Einigungsstelle getroffen. Hier gehen wir von einem erhöhten Schulungs- und Beratungsbedarf der Mitarbeitervertretungen aus, da das Konstrukt der Einigungsstelle zur Lösung von Mitbestimmungskonflikten im Rahmen des § 40 MVG-K „Fälle der Mitbestimmung in organisatorischen und sozialen Angelegenheiten“ eine Neuerung im Mitarbeitervertretungsrecht darstellt. Das MVG-Gerichtsgesetz führt die Tradition fort, dass kirchengerichtliche Auseinandersetzungen zum Mitarbeitervertretungsrecht in der ersten Instanz auf Ebene der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen verhandelt werden. Erst die nachfolgende Instanz wird vor dem Kirchengerichtshof der EKD verhandelt. Die bisherige Schiedsstelle nennt sich seit dem 01.01.2020 „Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten“. Die handelnden Personen (vorsitzende Richter und Beisitzer der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite) führen ihre Tätigkeit unter dem neuen Namen fort. Allerdings kommt es zum 01.06.2020 turnusmäßig nach 6-jähriger Amtszeit zur Neubesetzung der Kammern des Kirchengerichts auf Vorschlag der Landeskirchen und der Gesamtausschüsse aus Braunschweig, Hannover und Oldenburg.

Auch, wenn sich das Mitarbeitervertretungsrecht im MVG-K und MVG-EKD in überwiegenden Teilen gleicht, finden sich doch viele Unterschiede, teilweise mit durchaus gravierenden Auswirkungen. In diese gilt es, sich möglichst schnell einzuarbeiten. So werden zukünftig Streitigkeiten im Rahmen des § 40 „Fälle der Mitbestimmung in organisatorischen und sozialen Angelegenheiten“ auf Antrag einer der beiden beteiligten Parteien nicht mehr vor der Schiedsstelle / Kirchengericht ausgetragen, sondern vor einer vor Ort zu bildenden Einigungsstelle. Während das Kirchengericht nur entscheiden konnte, ob der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorgelegen hat, kann die Einigungsstelle echte Kompromisse erarbeiten. Besonders zu erwähnen ist auch, dass mit Inkrafttreten des neuen MVG-EKD ab 01.01.2020 in der hannoverschen Landeskirche auch eine Mitbestimmung der MAV bei der Festlegung der Entgeltstufe gegeben ist und die Versagungsgründe bei einer ordentlichen Kündigung maßgeblich erweitert worden sind. Jetzt kann die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zu einer Kündigung verweigern, wenn gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verstoßen wird. Im MVG-K hingegen bezogen sich die Verweigerungsgründe bei einer ordentlichen Kündigung nur auf betriebsbedingte Kündigungsgründe.

Siegfried Wulf