Alle Demokraten haben am 23. Mai einen wichtigen Grund zum Feiern:
Seit 75 Jahren gibt es an diesem Tag das Grundgesetz in Deutschland. Der Ev.-luth. Kirchenkreis Hameln-Pyrmont lädt dazu zu einer Geburtstagsfeier um 18.30 Uhr ins Münster St. Bonifatius ein. Zu den Vortragenden zählen Superintendent Dr. Stephan Vasel, Hamelns Amtsgerichts-Direktor Dr. Georg Gebhardt, Oberbürgermeister Claudio Griese sowie Gisela Grimme, ehemalige Schulleiterin der Elisabeth-Selbert-Schule. Mit dabei ist auch der Leistungskurs Politik Jahrgang 12 am Viktoria-Luise-Gymnasium. Für die musikalische Untermalung sorgt der vielgelobte Quilisma-Jugendchor aus Springe unter Leitung von Tammo Azam. Vasel und Gebhardt sind Urheber der Geburtstagsfeier: Die Idee entstand bei einem gemeinsamen Kaffee. Weitere Mitwirkende wie der Oberbürgermeister wurden schnell gefunden.
Rückblick – Lob – Zukunft: In diesem Dreischritt wollen alle Mitwirkenden auf den Weg des reifen Geburtstagskindes schauen. „Dabei nehmen wir die Werte in den Blick, die unser Grundgesetz und damit unser Zusammenleben tragen. Wir schauen auf die Entwicklung und auf die Frage, was unsere Demokratie heute braucht“, sagt Dr. Vasel.
Den Anfang macht der Rückblick auf das Gedankengut des Grundgesetzes am Beispiel von Art. 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. „Das Grundgesetz ist zutiefst von christlichem Gedankengut geprägt. Ausgangspunkt ist und an erster Stelle steht das Individuum – im Gegensatz zu anderen Staatsformen wie in Russland oder China, wo diesen Rang das Kollektiv einnimmt“, weiß Dr. Gebhardt. Auch die Unterschiede zu anderen Geburtstagskindern werden beleuchtet: die Französische Menschenrechtserklärung von 1789 (heute vor 235 Jahren), die Paulskirchenverfassung (175 Jahre) sowie die Weimarer Reichsverfassung (110 Jahre). In diesen drei Verfassungen waren die Grundrechte nicht einklagbar, spielten meist nur eine untergeordnete Rolle und besaßen keine Ewigkeitsgarantie.
Im zweiten Teil hat das Lob seinen Platz – am Beispiel der Grundgesetz-Innovation Gleichberechtigung von Mann und Frau. Verbunden ist dieses Thema mit Elisabeth Selbert, eine der nur vier Müttern des Grundgesetzes. Die gleichnamige Schule in Hameln hat Gisela Grimme viele Jahre geleitet. Sie berichtet über Elisabeth Selbert, und wie die Gleichberechtigung ihren Weg ins Grundgesetz fand.
„Suchet der Stadt Bestes“ ist ein geflügeltes Wort – es stammt vom Propheten Jeremia (Jer 29,7). Wer wäre in Hameln berufener dazu etwas zu sagen, als Oberbürgermeister Claudio Griese? Er lobt das Grundgesetz als Rückgrat unseres Landes bezogen auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaat.
Aller guten Dinge sind drei: In die Zukunft des Grundgesetzes schaut der Politik-Leistungskurs des Viktoria-Luise-Gymnasiums mit einem szenischen Spiel auf den noch relativ jungen Artikel 20a. Dieser schützt die natürlichen Lebensgrundlagen. Laut einem Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 haben jüngere Generationen einen verfassungsrechtlichen Anspruch, die Lasten des Klimawandels nicht allein tragen zu müssen. Klimaschutzfragen haben somit in Deutschland den gleichen einklagbaren Rang wie die Grundrechte.
Für alle Teilnehmenden der erhellenden Geburtstagsfeier gibt es anschließend einen Empfang an Stehtischen mit Sekt, O-Saft und Brotkonfekt. „Jeder und jede ist herzlich eingeladen mitzufeiern. Ich finde es großartig, in einer Kirche mit einer Geburtstagsfeier dazu aufzurufen, sich über das Grundgesetz zu freuen“, betont Superintendent Vasel.