Dieser Geruch. Irgendwie nach nassem Laub und Omas Kartoffeln. Langsam und unaufhaltsam zieht er in die Nase. Wenn man den Boden im Garten umgräbt, dann riecht die Erde so frisch und nach Erinnerung. So steht sie da. Schaut auf die Furchen, die sie gezogen hat. Spürt das Pochen im Rücken vom vielen Bücken und streift langsam die Handschuhe ab. Schweiß rinnt ihre Stirn hinab und ihre Hände sind ganz feucht. Sie schaut auf die Furchen und die Pflanzen, die nun im Boden sind. Erinnert sich an die Ernte im letzten Jahr- so wie ihre Mutter immer gesagt hat: „Für die schlechten Zeiten.“ Dann der Winter, wohliges Genießen in warmen Küchen und Abschied am Bett. Doch nun ist der Frühling da, die Sonne zieht mit ihrer Kraft die Blumen aus der Erde und die Blätter an der Kastanie vor dem Fenster sind schon grün. Der Winter ist eine Ewigkeit weit weg. Die Erinnerung an den Abschied schnürt noch immer ihre Kehle zu.
„Für die schlechten Zeiten.“ hat ihre Mutter immer gesagt und daran erinnert sie sich. Gerade jetzt mit dem Pochen im Rücken. Dem Geruch von frischer Erde in der Nase. Sie zieht ihn in sich auf und blickt in den Himmel. Beide Hände legt sie an die Hüfte. Drückt sie fest zusammen, atmet tief ein und blickt hinauf. Erinnert sich und wie der Wind rauschen die Geschichten in ihren Ohren. Weiße Wolken, die Sonne und das unendliche Blau. Der gleiche Himmel über ihrem Garten seit 60 Jahren.
Von Jesus wird erzählt, dass er zu seinem Vater in den Himmel zurückgekehrt ist. Seine Freunde haben sich so unsagbar allein gefühlt. Sie saßen zusammen, haben sich Sommermomente erzählt und Mut gemacht. Sie haben gemeinsam in den Himmel geschaut und gewartet. Dann an Pfingsten waren sie nicht mehr allein. Sie fanden ihre Sprache wieder und ganz neue Worte. Sie konnten in allen Sprachen von Jesus Christus erzählen, von den Wundern, den Geschichten und der Auferstehung. Für die schlechten Zeiten sollten diese Geschichten sein, für die Momente, in denen sie sich allein fühlten und in denen sie glücklich waren. An Pfingsten hat der Glaube eine Sprache bekommen. Es ist wie, als wenn er Worte bekommen hätte, neben dem Vater und dem Sohn nun der Geist. Der Geist, der für Menschen da ist. Der Geist, der erinnert und wachhält, was Jesus Christus versprochen hat. Immer dann, wenn Menschen in den Himmel blicken, Sehnsucht haben und sich allein fühlen, erzählt er von Jesus Christus und seinem Leben. Worte trösten und Geschichten schenken Licht.
Mit beiden Händen an der Hüfte blickt sie in den Himmel. Sie erinnert sich an die Tränen, den Abschied und den Neubeginn. Geschichten rauschen in ihren Ohren wie der Wind. Das macht die Arbeit nicht weniger mühsam, die Einsamkeit nicht weniger dunkel, aber da leuchtet ein Licht. Sie ist nicht allein und erzählen tröstet.
Pastor Jan Sören Damköhler, Pastor in Tündern