Mit Predigten als Trialog in einem Gottesdienst würdigte der Kirchenkreis Hameln-Pyrmont am 31. Oktober den Reformationstag im Münster St. Bonifatius. „Was gibt uns Orientierung in unübersichtlicher Zeit?“ lautete dazu die zentrale Fragestellung. Zu den Besuchern im gut gefüllten Münster sprachen Barbara Otte-Kinast, Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landtages, Anne Mirjam Walter, Pastorin der Ev.-Ref. Kirche Hameln-Bad Pyrmont und Dr. Stephan Vasel, Superintendent im Ev.-luth. Kirchenkreis Hameln-Pyrmont.
„Reformation – das ist die Betonung des Gewissens, der Vernunft und der Inhalte des Glaubens“, eröffnete Stephan Vasel den Reigen. Die durch Martin Luther bewirkte Reformation habe auf Bildung und Alphabetisierung gesetzt. Alle Bevölkerungsschichten sollten lesen können – der Buchdruck machte genau dies möglich. 1522 erschien die erste Ausgabe des Neuen Testaments. 1524 war dann das Jahr der Bauernkriege mit vielen Toten. „Die Reformation hätte auch schief gehen können“, resümierte Vasel in seiner Predigt. Die Bauern hätten sich seinerzeit gefragt, ob das Elend, in dem sie gerade lebten, wirklich Gottes Wille sei. „Wenn wir den Papst kritisieren können, dann können wir auch die Adligen hinterfragen“, schilderte der Superintendent die damalige Stimmung und Geisteshaltung.
Pastorin Mirjam Walter erinnerte in ihrer Predigt an die Evangelisch-Reformierten Christen, die 1524 alle Bilder aus ihren Kirchen geworfen hätten. „Denn in den zehn Geboten steht: Du sollst Dir kein Bildnis machen.“ Gebote und Gesetze ständen am Ende der Glaubensgeschichte – Gottes Liebe stehe über allem. „Gesetz und Gebote sind Glaubensgesetze. Sie erhalten ihren Wert in den erzählten Geschichten“, sagte die Theologin.
Sonne und Kirche sind immer da
Nach dem Blick in die lutherische und reformierte Vergangenheit nahm Barbara Otte-Kinast in einem sehr persönlich gehaltenen Beitrag die Gegenwart in den Blick: „Was gibt mir Orientierung in unserer unübersichtlichen Zeit?“ Sie freue sich sehr, in ihrem Heimatkreis am Reformationstag in einer Kirche zu stehen. „Es berührt mich sehr, dass die Sonne in meinem Dorf hinter dem Kirchturm aufgeht. Egal was passiert: Die Kirche und die Sonne sind immer da. Das gibt mir viel Kraft.“ Die Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landtags erzählte, wie oft sie in ihrer Rolle im Land unterwegs sei, um das Thema Demokratie mit vielen Menschen zu diskutieren. „Wir müssen als Politiker viel mehr zuhören, Fehler zugeben, auf andere zugehen und sie mitnehmen. Ich hoffe, dass wir so als Politiker glaubwürdig sind. Demokratie ist das höchste Gut, dass wir haben.“ Otte-Kinast berichtete von ihren Besuchen in Schulen, um Parlamentsarbeit zu erklären. „Das macht mir viel Spaß mit den jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, die ganz viele Dinge hinterfragen.“ Nach jedem Redeimpuls konnten sich die Gottesdienstbesucher an Stehtischen austauschen. Dazu gab es auch etwas zu essen. Harald Langguth